Führung wirkt freiwillig

Führen und geführt werden ist ein zutiefst freiwilliger Prozess – denn Menschen können jeden
Tag neu entscheiden, welche Teile ihres Potentials sie der Organisation zur Verfügung stellen.
Die Bandbreite reicht von höchstem, eigenmotiviertem Engagement einerseits bis zur inneren
Kündigung andererseits und gilt natürlich sowohl für Führungskräfte als auch für deren
Mitarbeiter.

Gleichwohl hat das Handeln der Führungskräfte – nicht deren Absichtserklärungen,
sondern ihr konkretes Verhalten wohlgemerkt – weit größeren Einfluss auf die tägliche
Leistungsentscheidung der Mitarbeiter als umgekehrt. Unserer Erfahrung nach ergeben sich
daraus zwei wesentliche Aspekte der Führungsarbeit, die besonderer Aufmerksamkeit und Gestaltung bedürfen:

Die grundsätzliche Haltung der Führungskraft gegenüber jedem einzelnen Mitarbeiter – man könnte sogar sagen gegenüber Menschen im Allgemeinen – beeinflusst die Führungswirkung
weit mehr als deren Fähigkeiten oder Erfahrungen. Diese Haltung zeigt sich nicht nur im
offensichtlichen, sondern auch im instinktiven, unterbewussten Handeln und ist somit häufig Teil
des „blinden Flecks“ (nach Johari). Sie wirkt implizit auf die Mitarbeiter und beeinflusst deren
Beurteilung der Authentizität der Führungskraft wesentlich. Ein Beispiel: Ein Manager kann
ständig wieder betonen, dass seine Tür immer für die Mitarbeiter offen ist – wenn er sich jedoch
nicht ernsthaft mit denjenigen beschäftigt, die diese „Einladung“ annehmen, entlarvt sich die
Geste als Floskel.

Führungskräfte wirken als primäre Kulturgestalter in ihrem Verantwortungsbereich. Durch ihr
(explizites und implizites) Handeln setzen sie einen kulturellen Standard für „ihren“ Teil der
Organisation – und dies weitestgehend unabhängig von der (gewünschten oder tatsächlichen)
Kultur in der umgebenden Unternehmenswelt. Anders ausgedrückt: Menschen orientieren sich
eher an ihren direkten Chefs als an weiter entfernten Autoritäten. Auch hier ein simples
Beispiel: Ein Unternehmen pflegt einen offenen und konstruktiven Umgang mit Fehlern. Ein
Bereichsleiter jedoch „bestraft“ Fehler unbewusst mit persönlicher Enttäuschung und der Frage
nach dem Schuldigen. In diesem Teil des Unternehmens werden Mitarbeiter tendenziell Risiken
vermeiden und Fehler verbergen.

In Organisations- und Teamentwicklungsprozessen nehmen wir daher diese beiden Elemente
besonders in den Fokus. Nach gründlicher Analyse der Rahmenbedingungen – vor allem
mittels individueller Interviews interner und externer Stakeholder – erarbeiten wir mit den
Führungskräften den anzustrebenden kulturellen Zustand. Im geschützten Rahmen kleinerer
Workshops werden daraus Haltungs- und Handlungsfragen abgeleitet und – wenn hilfreich –
auch simuliert. Die Führungskräfte haben somit Gelegenheit, ihre bisherigen Handlungsmuster
mit neuen, zusätzlichen Optionen zu versehen. Zusätzliche Stabilität im Umgang mit diesen
entsteht – wenn gewünscht – in individuellen Coachings. Erst danach erarbeiten wir
gemeinsam eine Roadmap, die aufzeigt, wie die Organisation eingeladen wird, sich diesem Weg
anzuschließen und an den Veränderungen mitzuarbeiten.

Am Ende des Prozesses steht nicht nur eine kraftvollere Organisation, in die Menschen freiwillig
größere Teile ihres Potentials einbringen, es entsteht auch eine tiefere Wirkung der
Zusammenarbeit, in der sich Führungskräfte als Kulturgestalter verstehen.

„Führung wirkt freiwillig“ ist einer von vier Arbeitsschwerpunkten von
INMUTO. Weitere sind:

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